Binnenschifffahrt 24/7

Schön wär`s, aber oft ist es leider nur ein Werbespruch mit zweifelhafter Wahrhaftigkeit.

Redaktion: Peter Baumgartner.

Das Binnenschiff gilt als besonders umweltfreundliches und kostengünstiges Verkehrsmittel im System der Transportwirtschaft. Bei der Zuverlässigkeit scheiden sich jedoch die Geister, weil das Binnenschiff wie andere Verkehrsträger auch, von internen und externen Einflüssen abhängig ist. Manchmal machen diese Einflüsse die systembedingten Vorteile der Wasserstraße zunichte. Dafür muss in letzter Konsequenz irgendwer immer die Zeche zahlen.

Es gibt zwei wesentliche Hindernisse für die Binnenschifffahrt, um die Stärken optimal ausspielen zu können und Zuverlässigkeit zu garantieren. Das sind einerseits die Schleusen als Flaschenhals in der Wasserstraße, wo sich schon bei guter Verkehrslage Staus bilden, weil einfach nicht alle ankommenden Schiffe gleichzeitig in die Schleuse passen. Dann gibt es noch die Häfen – insbesondere die küstennah gelegenen Häfen, deren Aufgabe es ist, die ankommenden/abgehenden Waren aus dem Hinterland zwischen Binnen- und Seeschiff zu koordinieren. Gelingt das aus welchen Gründen auch immer nicht perfekt, dann steht das Binnenschiff. Ein typisches Hindernis in den Häfen ist die Wartezeit auf Abfertigung wegen Überlastung. Das Be- oder Entladen von Schiffen, entweder direkt von Schiff/Schiff oder Schiff/Land. Was ist also ein guter Hafen für das Binnenschiff?

Genau, einer den man schnell erreichen und noch schneller wieder verlassen kann. Also nicht der vermeintlich „sichere Hafen“, wo die Crew tagelang gemütlich verweilen kann, sondern der Infrastrukturanbieter mit optimaler Ausstattung, um einen raschen Warenaustausch zu ermöglichen. Schiffe, die nach einem verbindlichen Fahrplan verkehren, wie zum Beispiel Containerschiffe, zählen schnell zu den Verlierern, wenn es zu Wartezeiten kommt.

Eine Studie der Bundesanstalt für Güterverkehr kommt zum Schluss, dass: „Ein maßgeblicher Einflussfaktor für die Verzögerungen bei der Containerabfertigung die begrenzten Terminal- und Umschlagkapazitäten in den Seehäfen sind, um die mitunter mehrere Schiffe zeitgleich konkurrieren.“ Dazu kommt, dass die Schiffe immer größer werden und folglich mehr Ladung mit entsprechenden Auswirkungen auf die Ladezeit transportieren. Die Folge einer seit Jahren anhaltenden Entwicklung, die wohl auch etwas mit dem ungesunden Hafenwettbewerb zu tun hat und wo Steuergeld den Charakter verdirbt.

Karin Zipperer, ehemalige Hafenchefin von Wien, hat das Kannibalisierung im Hafenwettbewerb genannt. In der Praxis schaut das dann so aus, dass Binnenschiffe trotz pünktlicher Ankunft im Hafen, keinen Platz bekommen. Nicht laden oder löschen können, oder vielleicht nur Teilladungen zeitnah manipulieren können. In Antwerpen betrug die letzte Wartezeit im Februar für Binnenschiffe etwa 39 Stunden und in Rotterdam sogar 146 Stunden. Zum Vergleich – die Fahrzeit Duisburg-Rotterdam beträgt etwa 36 Stunden bzw. 60 Std. im Import. Selbst die Strecke von Basel-Rotterdam dauert mit 130 Stunden deutlich kürzer, als die anschließende Wartezeit im Hafen.

Die Reedereien reagieren darauf natürlich mit der Weitergabe der Kosten, um wenigstens einen Teil des Schadens abzufedern und hoffen auf Verständnis der Kunden. Die Lösung kann das aber nicht sein. Dennoch dauert das Problem schon viele Jahr mit mehr oder weniger großen Auswirkungen an. Versuche, innerhalb eines Hafens durch spezielles Ladungsmanagement Verbesserungen zu erzielen, lassen auf sich warten. Nextlogic bietet zum Beispiel eine ganzheitliche Planung für die Handhabung der Container-Binnenschifffahrt im Hafen von Rotterdam an. Aber auch das wird eine verantwortungsvolle Hafenpolitik nicht von ihrer Bringschuld befreien. (PB)

Quelle: Binnenschiff Journal Ausgabe 1/2020

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