Fachmarktzentren dürfen öffnen, Shoppingcenter nicht.

Das österreichische Gesundheitsministerium hat bekanntlich kurz vor Ostern die Verordnungen zur Lockerung der Corona-Schutzmaßnahmen für den österreichischen Handel erlassen. Der Handelsverband hatte bereits einige Tage davor in einem offenen Brief an Bundesminister Anschober auf die Dringlichkeit hingewiesen.

Beitrag: Gerald Kühberger.

Das österreichische Gesundheitsministerium hat bekanntlich kurz vor Ostern die Verordnungen zur Lockerung der Corona-Schutzmaßnahmen für den österreichischen Handel erlassen. Der Handelsverband hatte bereits einige Tage davor in einem offenen Brief an Bundesminister Anschober auf die Dringlichkeit hingewiesen. Folgende Bereiche sind vom Betretungsverbot „zum Zweck des Erwerbs von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen“ seit 14.04. zusätzlich ausgenommen:

• Tankstellen und angeschlossene Waschstraßen
• KFZ- und Fahrradwerkstätten
• Baustoff-, Eisen- und Holzhandel, Bau- und Gartenmärkte (unabhängig von der Größe)
• Pfandleihanstalten und Handel mit Edelmetallen
• Kleinere Händler, wenn der Kundenbereich im Inneren max. 400 m2 beträgt
Künstliche Verkleinerung von Verkaufsflächen nicht erlaubt.

Kleine Geschäfte in Fachmarktzentren durften wie erwartet am 14. April öffnen, jene in Einkaufzentren (mit einer baulichen Verbindung der einzelnen Geschäfte, sofern der Kundenbereich über das Verbindungsbauwerk betreten wird) hingegen nur dann, wenn der Kundenbereich der einzelnen Geschäfte insgesamt nicht mehr als 400 m2 beträgt. Hier hatte der Handelsverband im Sinne der Fairness auf eine andere Lösung gehofft. Eine künstliche Verkleinerung der Größe der Geschäftsflächen etwa durch Absperrungen auf eine Fläche von 400 m2 ist laut Verordnung ebenfalls nicht zulässig. Der Handelsverband hatte sich dezidiert für eine Erlaubnis derartiger Zonierungen ausgesprochen.

Maskenpflicht & Mindestabstand gilt für alle Kunden.
Sämtliche Handelsmitarbeiter mit Kundenkontakt sowie alle Kunden müssen seit 14. April beim Einkauf eine gut abdeckende mechanische Schutzvorrichtung (z.B. Schutzmaske, Schal, etc.) als Barriere gegen Tröpfcheninfektionen tragen. Die Händler sind jedoch nicht verpflichtet, Schutzmasken für Kunden zur Verfügung zu stellen – sofern es hier keine Abänderung des Hygieneerlasses gibt. Darüber hinaus ist in allen Geschäften ein verpflichtender Mindestabstand von einem Meter einzuhalten. Die kleinen Händler (bis 400 m2) müssen laut Verordnung zusätzlich „durch geeignete Maßnahmen sicherstellen“, dass sich im Geschäft pro 20 m2 Geschäftsfläche max. ein Kunde aufhält. Ist der Kundenbereich kleiner als 20 m2, darf jeweils nur ein Kunde das Geschäft betreten. Somit müssen Baumärkte, Gartencenter, Lebensmittelhändler und Drogeriemärkte diese 20 m2-Regelung nicht einhalten, sondern nur den Mindestabstand von einem Meter sicherstellen.

Gemischte Bilanz nach der ersten Woche.
Insbesondere die Baumärkte und Gartencenter in urbanen Regionen wie Wien haben in den ersten Tagen nach der Öffnung den erwarteten Ansturm verzeichnet. Es gab in vielen Märkten längere Warteschlangen und teilweise Blockabfertigung, um die strengen Sicherheits- und Hygienevorgaben einhalten zu können. Bei vielen Konsumentinnen und Konsumenten haben derzeit offenkundig Cocooning & Balkonien Hochsaison. Auch viele Buchhandlungen verzeichneten überproportionale Frequenzen und Umsätze, besonders in kleineren Städten gab es auch hier vereinzelt Schlangen vor den Geschäften. Ähnliches gilt auch für Brillenfachgeschäfte, für den Sportartikelhandel sowie für Geschäfte mit Papier & Schulwaren. Im Elektrohandel wiederum war der Andrang wie erwartet noch etwas verhalten.

Den Mode- und Schuhhandel trifft die Corona-Krise besonders hart. Das gesamte Fashion-Segment leidet in Zeiten von Social Distancing und HomeOffice an einer geringeren Nachfrage. Sowohl in den kleinen Boutiquen als auch im filialisierten Modehandel war nach der Öffnung vergleichsweise wenig los. In A-Lagen wie der Mariahilferstraße oder der Kärntner Straße verzeichneten die Händler Frequenzrückgänge von rund -40%, in B- und C-Lagen sogar -50 bis -90% im Vergleich zu einer Durchschnittswoche vor Corona. Allerdings gibt es auch hier Nischenanbieter (etwa für Stoffgesichtsmasken oder Nähbedarf) die einen überdurchschnittlichen Andrang verzeichnet haben. Große Nachfrage verzeichnet auch der Handel mit Kindertextilien.

Corona-Krise für viele heimische Unternehmen existenzgefährdend.
Die verbleibenden größeren Händler und die heimischen Shopping Center werden dann voraussichtlich am 2. Mai folgen. Eines ist aber bereits jetzt klar: Die Corona-Krise ist für viele heimische Unternehmen existenzgefährdend. Österreichweit waren im Einzelhandel von 16. März bis 14. April insgesamt 23.000 Geschäfte mit einer Verkaufsfläche von fast 10 Millionen Quadratmetern geschlossen. Bei jenen Non-Food Einzelhändlern, die zumindest bis 14. April vom Corona-Shutdown betroffen waren, lag der tägliche Umsatzverlust laut Berechnungen von Standort + Markt bei mindestens 113 Mio. Euro. Besonders stark getroffen hat es Branchen wie den Spielwarenhandel und den Sporthandel, denen im Prinzip das komplette Ostergeschäft verloren gegangen ist. Ähnliches gilt für den Modehandel sowie für den Luxusgüterbereich, weil die kaufkräftigen Touristen aus dem Ausland fehlen. Der gesamte stationäre Einzelhandel hat pro Shutdown-Woche fast eine Milliarde Euro verloren. Das wahre Schadensausmaß liegt allerdings noch deutlich höher, weil hier die Umsatzverluste aus der Gastronomie und konsumnahen Dienstleistungsbetrieben wie Friseure, Fitnesscenter oder Kosmetiksalons noch nicht eingerechnet sind.

Viele Händler haben damit mehr als vier Wochen lang Null Euro Umsatz erwirtschaftet. Gleichzeitig galoppieren aber viele Fixkosten unverändert weiter, etwa Personal, Miete, Kreditraten, Zinsen oder Stromkosten. Gleichzeitig reichen laut KMU Forschung Austria bei 6 von 10 KMU-Händlern die verfügbaren liquiden Mittel nur für höchstens einen Monat, sofern keine Zuschüsse in Anspruch genommen werden können. Das zeigt, wie wichtig eine möglichst rasche Hilfe ist. Jetzt geht’s darum, die Liquidität der Betriebe zu sichern und eine Insolvenzwelle zu verhindern. (GK)

Quelle: LOGISTIK express Journal 2/2020

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