Jetzt ist guter Rat so richtig teuer

Aufsperren, zulassen, testen, impfen, Homeschooling, Präsenzunterricht… was würde man jetzt für eine funktionierende Glaskugel geben. Rohstoffpreise steigen ebenso wie die Verzweiflung im Lande. Ein Grundpfeiler der Wirtschaft ist Planbarkeit, und der wurde gerade in einem Frontalcrash zu Fall gebracht.

Redaktion: Angelika Gabor.

Nach rund einem Jahr hängt mir das Thema Corona schon zum Halse raus, und da bin ich sicher nicht alleine. Das Traurige ist: so optimistisch Regierung, manche Experten und Bevölkerung sich noch zu Beginn der leidigen Pandemie hinsichtlich der Bewältigung zeigten – Covid-19 wird uns noch länger begleiten. Geht es nach Forschern der US-Universitäten Emory (Atlanta) und Pennsylvania, werden die auslösenden SARS-CoV-2 Viren uns gar nicht mehr verlassen.

Wie sie in einer Publikation im Science-Magazin veröffentlichten, lassen ihre Untersuchungen den Schluss zu, dass sich das Virus zu den vier weltweit endemisch zirkulierenden anderen Coronavirus-Stämmen gesellen wird. Das bedeutet: in manchen Regionen wird es immer wieder auftreten, in anderen weniger. Insgesamt aber nicht schlimmer als eine Grippe (wie es manche von Anfang an behauptet haben). Als Zeitrahmen gehen die Forscher von ein paar Jahrzehnten aus, bis es soweit ist. Geht es mit den Maßnahmen weiter wie bisher, haben wir bis dahin einen Bürgerkrieg hinter uns. Warten ist also keine Option. Bleibt noch das Testen.

Laut Bundeskanzler Sebastian Kurz befindet sich Österreich auf dem Weg hin zum „Testweltmeister“. Waren die Gurgeltests zum Nachweis einer Erkrankung zu Beginn noch recht hochpreisig (ca 150 Euro), so sollen diese nun flächendeckend kostenlos eingesetzt werden: für Gastronomie und Hotellerie.

Also erst ein Schluck Salzwasser, ehe man dann was zu Schlucken bekommt? Was bei Friseuren und Masseuren gewirkt hat, soll weitere Öffnungsschritte ermöglichen. Der Ruf nach dem Aufsperren des Lieblingswirtes wurde immer lauter, umso erstaunlicher ein Detail, das dieser Tage ans Licht kam: die Gastronomie hätte bereits öffnen können, wären die Branchenvertreter einverstanden gewesen, ihre Gäste auf negative Coronatestergebnisse zu kontrollieren! Im Gegensatz zu den körpernahen Dienstleistern, die bereits fleißig dazu beitragen, das gepflegte Erscheinungsbild der Einwohner wiederherzustellen, haben Hotellerie und Gastronomie diese verweigert. Bitte diese Tatsache auf der Zunge zergehen zu lassen: die Gasthäuser könnten schon längst wieder offen haben!

Eine kurze Umfrage unter betroffenen Gastronomen hat übrigens gezeigt, dass keiner etwas davon wusste und alle gerne bereit gewesen wären, diese Bedingungen einzuhalten. Wie dem auch sei, nun kommt Bewegung in die Sache. Ab Mitte März schon möchte die Wiener Wirtschaftskammer flächendeckende PCR-Gurgeltests quasi als Eintrittskarte für Hotels und Gastronomie durchführen. Das Freitesten wird grob geschätzt 200 Mio. Euro kosten. Hey, was soll’s, bei dem Schuldenberg, den wir gerade anhäufen, ist das auch schon egal.

Mit Pauken und Trompeten.
Vollmundig und enthusiastisch wurde es angekündigt und gelauncht: das „Kaufhaus Österreich“. Innovativ, informativ, umfassend und 100% aus Österreich – so in etwa wurde für die Seite geworben. Und ganz ehrlich, auch ich habe ein paar Dinge gesucht und fühlte mich gut, nicht Amazon zu unterstützen. Tja. Pusteblume. Es war mir nicht möglich, auf der Plattform den von mir gewünschten Artikel zu finden. Selbst wenn ich wusste, dass eine der gesponserten Firmen diese Artikel prinzipiell anbot…. Die Suchmechanik der gesamten Seite war einfach für die Tonne. Bitte wer konzipiert und programmiert solche Websites, noch dazu für viel Geld? 627.000 Euro.

Das entspricht 12.540 Winterpaketen der Gruft. Oder 20.970 Kisten Stiegl Goldbräu: bei einem Verbrauch von einer Kiste pro Woche hat man damit für 403 Jahre vorgesorgt. Es wundert vermutlich niemanden, der die Seite je besuchte, dass sie nun wieder mangels Erfolges zusperrt. Aus dem geplanten virtuellen nationalen Schulterschluss wird nun wohl eine einfache Linksammlung. Das hätten Wirtschaftsministerin Schramböck und Wirtschaftskammer-Präsident Mahrer sicher auch billiger haben können… Zumindest konnten sie mit dieser Aktion Jeff Bezos & Co ein Schmunzeln entlocken – oder einen veritablen Lachkrampf.

Nichts als die Wahrheit.
Von Kurzarbeit kann die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) derzeit nur träumen. Eher macht Ihnen (Kanzler) Kurz Arbeit… Überraschend bot er nun in einem Brief an, im Zuge der Ermittlungen gegen seinen Parteikollegen und Vertrauten, Finanzminister Gernot Blümel, eine Zeugenaussage zu machen und die gegen diesen erhobenen Vorwürfe zu entkräften. Gleichzeitig hielt der Kanzler fest, dass diese unrichtigen Annahmen einen Reputationsschaden für die Bundesregierung und die Republik Österreich bedeuteten, die ÖVP jedoch niemals Spenden von der Novomatic angenommen hätten. Die durch den SMS-Verkehr zwischen Blümel und Ex-Novomatic-Chef Harald Neumann ausgelösten, gerichtlich genehmigten Hausdurchsuchungen sind Teil der Ermittlungen im Zuge der Spendenaffäre, bei der Geld im Gegenzug für Hilfe bei einem Steuerproblem in Italien geflossen sein soll. Seitdem steht die WKStA unter einem nie dagewesenen Dauerbeschuss aus den Reihen der ÖVP, der beinahe an eine Vendetta erinnert. „Was die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft betrifft, da hat es in der letzten Zeit so viele Verfehlungen gegeben, dass ich glaube, dass es dort einen dringenden Änderungsbedarf gibt“, so Kurz.

Eine Drohung? Es rumort jedenfalls gewaltig. Es ist anzunehmen, dass die ÖVP auch mit den Bestrebungen des Koalitionspartners, die aufgrund der BVT-Affäre eingeführte Vorab-Berichtspflicht wieder abzuschaffen und der WKStA mehr Unabhängigkeit zu verschaffen, nicht glücklich sein wird. Dabei erscheint dem objektiven Beobachter die Notwendigkeit, gerichtlich genehmigte Hausdurchsuchungen drei Tage im Vorhinein an die Oberstaatsanwaltschaft zu melden und prüfen zu lassen, ein wenig hinderlich. Es ist natürlich nur ein dummer Zufall, wenn dann unpraktischerweise Chatverläufe und Nachrichten genau in dem Zeitraum gelöscht werden…

Aber wo Schatten ist, da ist auch Licht: beschleunigt durch die Cause Blümel soll in den nächsten Wochen endlich das Informationsfreiheitsgesetz in die Begutachtung gehen, auch die Schaffung eines unabhängigen Bundesstaatsanwalts (bisher von der ÖVP vehement abgelehnt) steht im Raum.

Das Informationsfreiheitsgesetz wird zu einer Gratwanderung zwischen dem Schutz sensibler Daten und dem Recht auf Information – schließlich geht es um die Abschaffung des Amtsgeheimnisses. Laut Entwurf können Bürger kostenfrei Anfragen stellen, die dann binnen vier bis acht Wochen (je nach Komplexität) zu beantworten sind. Ausnahme: die Geheimhaltung ist „erforderlich und verhältnismäßig“ (wer entscheidet das eigentlich?).

Das Ziel ist, dass die Datenschutzbehörde als Service- und Informationsstelle für alle Behörden und Einrichtungen fungiert. Ein zusätzlich geplantes Informationsregister soll Daten aus dem gesamten Amtsbereich und der Selbstverwaltung sowie von Unternehmen, die der Rechnungshof-Kontrolle unterliegen (ausgenommen börsennotierte Betriebe) zugänglich machen (so kann man auch Arbeitsplätze schaffen).

Was manche frohlocken, andere zittern lässt: mehr Befugnisse für den Rechnungshof, der mit Inkrafttreten des Gesetzes auch jene Betriebe prüfen darf, an denen die Republik mit zumindest 25 Prozent beteiligt ist (bisher 50 Prozent, Anm.). Besonders interessant ist ein zusätzlicher Unterpunkt des Entwurfes: „Informationen von allgemeinem Interesse“ (beispielsweise Studien, Gutachten, Verträge) müssen proaktiv für jeden zugänglich veröffentlicht werden. Studien über alternative Antriebe beispielsweise können damit nicht mehr heimlich in irgendwelchen Schubladen verschwinden, weil sie jemandem das Geschäft vermiesen könnten.
(AG)

Quelle: LOGISTIK express Ausgabe 1/2021

 

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